An dieser Stelle soll so etwas wie ein kleines "Inseltagebuch"  entstehen.

Vorgeschichte

Erst Ostern 2006 haben wir Sabine das erste Mal auf Amrum besucht. Es war tatsächlich das erste Mal in den fast 5 Jahren, die wir beide uns nun schon kannten. So viele verpasste Gelegenheiten, so viele vertane Chancen, so viel, so viel. Es war wie ein zweites Zuhause für sie, eine zweite Familie: Therapeuten, Ernährungsberatung, Krankengymnastik, Inhalieren, Ärzte, rund um die Uhr. Und ganz viel Natur, Sonne, den Wind spüren, Freiheit atmen.


Freitag, 14. April 2006

Susann, Micha, Sirko und ich fahren früh gegen 08.00 Uhr gemeinsam los. Eine anstrengende Fahrt, hoffentlich schaffen wir die Fähre 14.30 Uhr! Wir schaffen sie, stellen das Auto hinter dem Deich ab, rennen zur Fähre, unser Kurzurlaub beginnt.

Ankunft auf Amrum, die Fähre legt an, wir sehen von weitem: Sabine. Rote Jacke, ihre wehenden blonden Haare im Inselwind. Wir winken uns zu. Endlich. Das erste Mal Amrum, nach so vielen Jahren. Wir umarmen uns, küssen uns. Martina, eine CFlerin und ihr Mann sowie ein CF-Betreuer aus der Satteldüne holen uns ab, fahren uns im Auto über die Insel zu unserer Pension. Toll, eine kleine Wohnung für uns, Mini-Küche, großes Wohnzimmer, Bad, ein kleines Zimmer mit Doppelstockbett. Wenige Minuten Fußweg zur Fachklinik Satteldüne. Das ältere Vermieterehepaar sehr freundlich.

Sabine zeigt uns allen die Satteldüne, wir sitzen im Speiseraum, der Kühlschrank mit den vielen Süßigkeiten für die CFler, hier ist die Therapie, Sabines Zimmer. Sie muss darauf achten, immer den Mundschutz zu tragen. MRSA. Das Treppensteigen strengt an, aber Sabine sieht so gut aus, hat viel zugenommen, schon zu Hause in Mutti-Pflege, ist fit.

Nach dem Abendessen gehen Sabine und ich allein zur Satteldüne, wir hatten fast 2 Stunden Zeit für uns. Die anderen kamen später nach. "Wir haben Euch von draußen durch die Vorhänge gesehen...!". Hmm. Wir laufen gemeinsam durch den Wald, laufen zum Leuchtturm. Es ist Nacht, es ist stockfinster. Ich brauche Sabine an meiner Hand, fürchte mich - der dunkle Wald um uns, das Ächzen der Bäume, Rascheln im Laub, knarzendes Geäst. Furchtbar, ich sterbe 1000 Tode, aber Sabine steht mir bei :-) .

Als wir den Leuchtturm in einiger Entfernung sehen, sagt Sabine, wir sollen die Strahlen zählen. Naja, einer ist es wohl. Je näher wir kommen um so mehr werden es. Schließlich - wir stehen davor - zählen wir 14, oder doch 16? Es lässt sich wohl nicht abschließend klären. Aber wir stehen vor Sabines geliebtem Leuchtturm.


Zurück durch die Nacht, wieder Dunkelheit, wieder klammere ich mich an Sabine. Wir bringen sie zurück zur Satteldüne. Alles schläft, wir gehen zu zweit in den ersten Stock, dort sitzen Azadeh, Sabines Ärztin und Andrea, die Nachtwache. Wir reden ein paar Minuten. Wenig später kommen auch die anderen an, wir gehen noch einmal gemeinsam hoch. Sabine stellt alle noch einmal vor. Susann nutzt die Gelegenheit, bekommt von Azadeh eine Creme, die sie zu Hause vergaß, um ihren Babybauch eincremen zu können.

Wir bringen Sabine in ihr Zimmer, laufen gemeinsam zurück zu unserer Unterkunft - Ferienhaus Moritzen - gehen zu Bett, sind k. o. und schlafen endlich ein.





Samstag, 15. April 2006

Samstag früh sind wir von unserer Pension aus Fahrräder ausleihen gegangen. Sabines Rad fuhr Micha neben sich her, als wir auf dem Weg in die Satteldüne waren. Noch einmal bei Tageslicht sind wir dann zum Leuchtturm gefahren, nur an diesem Samstag Vormittag war er geöffnet.

Zusammen sind wir den Leuchtturm nach oben gelaufen - Sabine stolz, die Anstrengung geschafft zu haben.

Anschließend sind wir wieder zurückgefahren, Sabine war Mittagessen, wir haben in unserer Pension gekocht.
Gegen 13.30 Uhr bin ich wieder zu Sabine gefahren, sie hatte KG, ich wollte dabei sein, zusehen. Susi und Micha waren in der Zwischenzeit auf dem Flohmarkt, welcher jedes Jahr zu dieser Zeit in einem privaten Garten stattfindet.



Vor der Therapie bat mich die KG, da ich meinen Fotoapparat dabei hatte, einige Bilder zu machen, da sie einen neuen Flyer gestalten wollten. Die neue Therapiemethode, bei welcher Sabine mitmachte, sollte auch darauf erscheinen.







Im Anschluss daran haben wir uns alle wieder in der Pension getroffen. Zusammen mit Sirko sind Sabine und ich mit dem Fahrrad in Richtung Norddorf aufgebrochen. In der Fußgängerzone zeigte uns Sabine nicht nur den besten Softeisladen der Insel, sondern auch den Dessousladen, in welchem sie das ein oder andere mal shoppte (wenn sie genügend Geld dafür zusammengespart hatte), den Juwelier, in welchem sie den Bernsteinanhänger zur vorherigen Kur Ende 2005 kaufte, der ihr kurz darauf kaputt ging, ...

Als wir vor dem Juwelier standen, gefielen Sabine hübsche Bernsteinohrringe. Ich schlug vor, hineinzugehen und sie sofort zu kaufen! Sabine war überrascht, probierte sie an, war begeistert und wir nahmen sie. Als sie dem Verkäufer von dem kaputten Anhänger erzählte, holte er sofort einen neuen und schenkte ihn uns. Es war ein Bernsteinkreuz. Sabine hatte eines für sich und eines für Pia (Lia) Gregor gekauft und es ihr geschenkt. Nachdem ihres kaputt war, hat sie ihr einfach nochmal ihr eigenes geschickt. Nun hatte sie also auch wieder ein neues.



Nachdem wir die Fußgängerzone verlassen hatten fuhren wir zum STRAND 33 - einem Restaurant, welches zwischen zwei Dünen aufs Meer blickt. Sabine empfahl uns den Strandkorb - ein Konglomerat aus verschiedenen fritierten (!) Meeresfrüchten.









Susi und Micha hatten in der Zwischenzeit ebenfalls eine Radtour über die Insel gemacht. In der Pension trafen wir uns alle wieder, haben unser Abendessen zusammen gekocht und sind anschließend nochmal zum Osterfeuer am Kniepsandstrand gefahren. Auf dem Weg dahin war es bereits ziemlich finster, unsere Räder schlossen wir vor der Kniepsandhalle ab.
Das Bild zeigt uns zum jährlichen Osterfeuer. Fast jedes Jahr besuchen wir es. Ein tolles Ereignis. Das Rauschen des Meeres vermischt sich mit dem Knistern der Flammern vermischt sich mit den Rufen des Windes vermischt sich mit den Stimmen der Menschen vermischt sich mit den Weiten des Raumes vermischt sich mit dem Sand, den Träumen, der Liebe, der Zuflucht, der Wärme . . .
Wir schafften es aber - mehr oder weniger - anschließend noch in unserer Unterkunft zusammenzusitzen und die "große Abrechnung" zu machen. Wer hatte wann was warum bezahlt - wer bekam warum und wie viel und welches Geld? Es war schwierig! Es war sogar so kompliziert, dass wir grübelnd hin und herrechnend darüber Tränen lachten. Eine tolle Erinnerung. (Am nächsten Morgen sprach uns unserer älterer Vermieter darauf an, es hätten sich einige andere Gäste beschwert, weil wir bis nach Mitternacht so laut gewesen seien und so laut gelacht haben sollen... ts ts ts.)

Sonntag, 16. April 2006

Sonntagmorgen fuhren wir zu Sabine in die Satteldüne, von wo aus wir mit dem Auto zum gemeinsamen CFler-Frühstück nach Wittdün fuhren. Dort trafen sich in der "Keksdose" die CF'ler zum Osterfrühstück Wir lernten mehr CF-Erwachsene kennen und den (attraktiven) Betreuer, den Sabine so nett fand. Nach dem - im Vergleich zu Leipzig (wir sind ja so verwöhnt) - einfachen und dafür teuren Frühstück, gingen wir in der "Biodüne" einkaufen, dem einzigen Bioladen der Insel. Susann verliebte sich in zwei Stoffmäuse. Nach langem Überreden kaufte sie sie dann doch und befestigte sie an ihrem Fahrradlenker. Es war ein sehr sonniger Sonntag, wir fuhren mit den Rädern wieder in Richtung Nebel, den Waldweg entlang am Leuchtturm vorbei und auch vorbei an der Satteldüne (Kurklinik). Eine Familie veranstaltete den jährlichen Oster-Flohmarkt in ihrem Garten und wir konnten einfach nicht vorbeifahren sondern gingen neugierig hinein. Weil Micha und Susi sich aber solange aufhielten, fuhren Sabine und Jens und Sirko schon weiter (Mittagessen), die beiden anderen blieben noch länger und kauften neuen Hausrat ein :-) Ein kurzes Treffen in der Pension, Sabine musste nochmal zur Physiotherapie. Der Nachmittag war dann schon fast um.

Allseitiges Schlafen. Am Abend wollten wir fünf gemeinsam Essen gehen. Wir fuhren mit den Rädern, was für Sabine schon anstrengend wurde und Jens und Micha sie fahrenderweise anschoben :-), nach Wittdün, zum "Klabautermann". Dort gab es nach langem Warten in der zugigen, aber eigentlich gemütlichen Sitzecke RIESENPortionen zu essen. Ein lustiger Abend, ein Bild entstand, auf dem Sirko scheinbar die Tischlampe als Hut auf dem Kopf hat ;-). Die Fahrradrückfahrt war sehr anstrengend für Sabine, ihr war kalt, sie hatte keine Kraft zum Treten.

Montag, 17. April 2006

Unsere Rückreise am Montag. Sabine und ich wollten unbedingt noch eine Inselfahrt mit der Inselbahn machen. Ich erinnere, dass es Sabine bereits nicht gut ging, sie lehnte die meiste Zeit an meiner Schulter, während wir über die Insel fuhren. Am Fähranleger dann trafen wir uns alle zur vereinbarten Zeit. Sabine musste etwas eher los, als unsere Fähre ablegte, da eine andere CFlerin mit ihrem Mann mit dem Auto wieder in die Satteldüne fuhr und Sabine sonst hätte mit dem Bus fahren müssen (inkl. einer längeren Wegstrecke zu Fuß). Wir winkten uns, so lange wir uns sehen konnten.

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Sabine hatte alles organisiert, hatte mir keine Wahl gelassen: Jens hier ist die Fahrtroute, hier sind die Tankstellen an der Autobahn markiert, wo du tanken kannst. Die Fähre um folgende Uhrzeit... Und Sabine hatte sogar ans Geld gedacht und mir den gesamten Kurzurlaub von ihrer Fahrtkostenerstattung bezahlt. Es gab also keine Ausreden. Sie ahnte vielleicht, dass es die letzte Möglichkeit sein könnte, dass ich sie dort besuche?!

Zunächst kam die Idee dazu, dass wir alle gemeinsam einen kleinen Urlaub machen könnten, ich fragte Susi, Micha, Sabines Eltern, ... Schließlich fuhren Sirko, Susi, Micha und ich gemeinsam, Sabine zu besuchen.

In den ersten Tagen, als Sabine von der Kur zurück auf der Intensivstation lag, sagte ich am Krankenbett auf der Intensivstation unter Tränen zu ihr, dass sie doch so fit war auf Amrum, dass es ihr so gut ging. Vielleicht hätten wir es übertrieben, es war zu kalt auf dem Fahrrad, zu anstrengend. Sabine sagte darauf: Jens, das war mein Abschiedsgeschenk an Euch, an dich und nahm mich in den Arm.